Interessant und befremdlich gleichermaßen: Das Deutsche Marinemuseum in Wilhelmshaven präsentiert die Geschichte der militärischen Seefahrt in Deutschland seit 1848. Ein spannendes Haus – allerdings mit Nachholbedarf in Sachen Kommunikation!
Schon von Weitem sind die Schiffe im Hafenbecken zu sehen. Groß und grau erhebt sich vor allem ein Zerstörer in den ebenso grauen Himmel. Davor und daneben liegen ein Marinejagdboot, ein Schnellboot und ein U-Boot. Das Wasser zwischen den Schiffen ist von Wind und Wellen komplett abgeschottet, die riesigen Schiffkörper spiegeln sich auf der glatten Oberfläche. Bedrohlich wirkt die Szenerie auf mich. Und das soll sie wohl auch, immerhin handelt es sich bei den Ausstellungsstücken des Deutschen Marinemuseums um ausgediente Kriegsschiffe.
Schnellboot S71 Gepard
Mächtige Waffensysteme wie aus Hollywoodfilmen
Im Freigelände des Museums sind vier Schiffe für Besucher offen. Wir besichtigen als Erstes das Schnellboot S71 Gepard, ein Schiff aus den Zeiten des Kalten Kriegs. Und sind sofort irritiert: An Deck sind mächtige Waffensysteme montiert, wie ich sie zuvor vielleicht in Hollywoodfilmen einmal gesehen hatte. Bei unserem Rundgang erfahren wir dann sehr schnell, wofür die Flugkörper gedacht waren: für die schnelle Abwehr gegnerischer Schiffe. Im Falle eines Kriegs lag die geschätzte Überlebenszeit der Mannschaft bei nur 48 Stunden. „Den anderen einen Vorsprung verschaffen“ – so fasst eines der Besatzungsmitglieder die Aufgabe der S71 Gepard zusammen. Die Schnellboote waren sozusagen Kanonenfutter, damit sich in ihrem Rücken die eigenen Verbände formieren konnten. Keine schönen Aussichten für die Marinesoldaten an Bord.
Unter Deck ist vor allem viel Technik zu sehen. Breite Steuerkonsolen, die Operationszentrale und – besonders gruselig – die Munitionskammer. Aber nicht nur die Ausstattung ist beklemmend, auch die Enge bedrückt mich im wahrsten Sinne des Wortes. Schmale Gänge, Sitzplatz an Sitzplatz, in den Raum hineinragende Hebel und Räder und keine Chance, sich schnell zu bewegen, ohne sich an irgendetwas zu stoßen. Am interessantesten finde ich die auf kleinen Monitoren eingespielten Videos mit O-Tönen ehemaliger Besatzungsmitglieder. So erzählt der Smutje, also der Koch, wie er für die Mannschaft in einer winzigen Küche das Essen zubereitet. Oder eine Offizierin berichtet von Einsätzen bei Wind und Wetter. Das ist sehr spannend und macht das Leben auf dem Schiff greifbar.
U-Boot U10
Schon der Einstieg verlangt körperliche Fitness
Die Enge an Bord der S71 Gepard ist nichts gegen das, was uns an Bord des U-Boots U10 erwartet. Schon der Einstieg ist abenteuerlich und setzt beim Besucher eine ordentliche körperliche Fitness voraus. Es geht tief hinab und die Leitern sind hier und auch sonst auf dem Schiffen steil. Innen ist alles eng gedrängt, jedes Fitzelchen Platz wird ausgenutzt. Für Kojen beispielsweise, die in Dreierstapeln übereinander direkt neben den Torpedorohren angebracht sind oder – nur durch einen Vorhang getrennt – neben der Feuerleitanlage liegen. Wie da einer schlafen soll, ist mir ein Rätsel. Die Arbeitsplätze der Soldaten stehen dicht an dicht, da hat man ständig den Ellenbogen des Nachbarn in den Rippen, so wirkt es auf mich. In den schmalen Gängen ist kaum genug Platz für eine Person. Wenn hier, womöglich noch in Eile und Hektik, zwei Besatzungsmitglieder aneinander vorbei müssen, sind blaue Flecken vorprogrammiert.
Die knapp 44 Meter lange U10 war in der Ostsee zur Aufklärung, aber auch zum Minenlegen eingesetzt. Wie schon an Bord des Schnellboots befremden mich die Waffensysteme, die hier ausgestellt werden, gleichzeitig fasziniert mich die Technik. An Bord dienten 22 Soldaten, die diesen Koloss auf Fahrt halten mussten. Und gleichzeitig ja auch noch militärische Aufgaben zu erfüllen hatten – unter Stress und in der permanenten Enge. Wir sind uns alle einig: Das wär nichts für uns.
Minenjagdboot Weilheim
Deutlich entspannter ist dagegen unser Besuch auf der Weilheim – zumindest was den Platz angeht. Die Weilheim war ein Minenjagdboot der Lindau-Klasse, so erfahren wir auf unserem Rundgang. Ihr ursprünglicher Zweck war die Minensuche nach dem Zweiten Weltkrieg, später wurde sie zu einem Minenjagdboot umgebaut. Erstaunlich ist, dass der Schiffskörper aus Holz gebaut und nur mit Metall verkleidet ist.
Einmal das Ruder selbst in die Hand nehmen …
Die Kabinen der Offiziere und der Mannschaft sind deutlich größer als auf den anderen beiden Schiffen, die wir bis dahin gesehen hatten, die Gänge breiter, alles deutlich weniger gedrängt. Sehr spannend ist der Steuerstand. Einmal das Ruder in die Hand nehmen, einmal den Gashebel drücken – hier ist es auch für den Besucher möglich.
Zerstörer Mölders
Hauptattraktion des Deutschen Marinemuseums in Wilhelmshaven ist der Zerstörer Mölders. 134 Meter lang, 35 Knoten schnell und für eine Besatzung von 334 Mann gebaut ist es das größte Museumskriegsschiff Deutschlands. Besichtigt werden kann es während eines einstündigen Rundgangs.
Heute für Besucher leider geschlossen
Wir haben Pech: Am Tag unseres Besuchs finden Filmarbeiten an Bord der Mölders statt und das Schiff ist komplett für Besucher gesperrt. Dafür beträgt der Eintritt ins Deutsche Marinemuseum nur 10 Euro statt regulär 11,50 Euro. Allerdings findet an diesem Tag Anfang April auch die Hafenrundfahrt durch den Marinehafen, die hinzugebucht werden kann, nicht statt. Sie ist auf der Website als „von April bis Oktober“ angekündigt. Für das Marinemuseum beginnt der April leider erst am 7. und nicht schon am 1. April. Beide Informationen sind zwar auf der Website des Museums vorhanden, aber gut versteckt und in der mobilen, für Touristen maßgeblichen Ansicht nicht abrufbar (das habe ich auch zu Hause mit starkem Wlan-Empfang noch einmal getestet). Ich finde, solche Angaben gehören gut sichtbar auf die Startseite oder auf eine Unterseite „Besucherinformationen“ oder so, damit sich jeder überlegen kann, ob er unter den Umständen ins Museum will oder den Besuch vielleicht auf einen anderen Termin verschiebt. Tatsächlich hätten wir an diesem Tag das Marinemuseum nicht besucht, wenn wir diese beiden Informationen schon im Vorfeld gehabt hätten, und wir gingen nur hinein, weil wir nun schon einmal da waren.
Mein Tipp: Wer als Tourist auf mobile Informationen zum Museum angewiesen ist, sollte im Vorfeld eines Besuchs besser noch einmal dort anrufen, um nachzufragen, ob denn auch alles offen und zugänglich ist. Die Telefonnummer ist laut Website: 04421 40084-0.
Die Entwicklung der deutschen Marine
Nach unserer Kletterei über und durch die Kriegsschiffe stärken wir uns erst einmal im kleinen Museumscafé (und ich muss natürlich einen kurzen Blick in den – allerdings sehr überschaubaren – Museumsshop werfen), bevor wir in die Ausstellungsräume weitergehen.
Untergebracht ist die ständige Ausstellung in der ehemaligen Scheibenhofwerkstatt
Untergebracht ist die ständige Ausstellung des Deutschen Marinemuseums in der ehemaligen Scheibenhofwerkstatt, ein denkmalgeschütztes Haus aus der Zeit, als in Wilhelmshaven noch die kaiserlichen Werften lagen. Überhaupt ist Wilhelmshaven ein logischer Standort für das Marinemuseum, wurde die Stadt doch 1869 als deutscher Kriegshafen gegründet und ist in ihrer Entwicklung eng an die der Marine geknüpft. Gleich im Eingangsbereich liegt das – im Vergleich- winziges Kleinst-U-Boot Seehund, in dem gerade einmal zwei Mann Platz hatten. Bewegung? Ruhephasen? Waren hier nicht vorgesehen. Wie in diese Röhre zwei Menschen und jede Menge Technik reinpassen sollten, ist mir ein Rätsel.
Die Ausstellung selbst steht unter dem Motto „Menschen, Zeiten, Schiffe“ und ist in drei Bereiche geteilt. Im ersten geht es um die Anfänge der deutschen Marine noch zu Kaiserzeiten, um Machtbestreben und koloniale Träume. Der zweite Saal behandelt die Rolle der Marine im Ersten und Zweiten Weltkrieg und der dritte Saal schließlich beschäftgt sich mit den deutschen Marinen in Ost und West, mit ihrer Rolle im Warschauer Pakt und der NATO. Für uns ist dieser dritte Bereich der spannendste, die Ereignisse sind uns näher. Präsentiert werden Uniformen und Schiffsmodelle, Karten, Briefe und Tagebücher sowie Zeugnisse der öffentlichen Wahrnehmung der Marine aus den unterschiedlichen Epochen. Allerdings haben wir an einigen Stellen Schwierigkeiten, die Objekte eindeutig zuzuordnen, eine klarere Beschriftung wäre an manchen Stellen wünschenswert.
Alles in allem lohnt sich der Besuch im Deutschen Marinemuseum. Allerdings würde ich immer im Vorfeld telefonisch nachfragen, ob am Tag meines Besuchs auch wirklich alle Attraktionen geöffnet und zugänglich sind. Vor allem der Zerstörer Mölders wird anscheinend häufiger für Filmarbeiten genutzt und ist dann nicht zugänglich. Da kommt dann schnell Enttäuschung auf. Gerade für etwas ältere Kinder ist es spannend zu sehen, wie die Soldaten an Bord leben und arbeiten. Sind Kleinkinder dabei, dürfte es eventuell schwierig werden, sich in den engen Gängen auf den Schiffen zu bewegen. Überhaupt ist körperliche Fitness Voraussetzung, um beispielsweise in das U-Boot klettern zu können. Festes Schuhwerk ist in jedem Fall angebracht.
Öffnungszeiten
1. April bis 31. Oktober
täglich 10.00 bis 18.00 Uhr
1. November bis 31. März
täglich 10.00 bis 17.00 Uhr
24. Dezember geschlossen
Eintritt
Erwachsene 11,50 Euro
Kinder (6–14 Jahre) 5,00 Euro
Familien (bis zu drei Kinder) 25,00 Euro
(Stand: 12.4.2017)
Anschrift
Südstrand 125
26382 Wilhelmshaven
Wow, das liest sich echt interessant – ein Muss bei unserem nächsten Besuch in Wilhelmshaven mit meinem bootsbegeisterten Mann!
Ich zwar bei meinem Besuch an der Nordsee zwar in Wilhelmshaven. Ins Marinemuseum habe ich es leider nicht geschafft, dafür durfte ich mich einem echten Segelboot eine Tour machen. Das mit den Öffnungszeiten bzw. eingeschränkten Besuchsmöglichkeiten ist ärgerlich, das durfte ich leider auch schon ab und an erleben, dass die Infos nicht korrekt auf der Homepage landen.
Hallo Gudrun, solltest du mal wieder da in der Gegend sein: Ein Besuch im Marinemuseum lohnt sich. Wie gesagt, die Öffnungszeiten und Einschränkungen waren schon auf der Homepage vorhanden – ließen sich aber mobil nicht abrufen …
Gruß Cordula