Tag 2 meiner Radtour entlang der Oste, dieses Mal von Hechthausen nach Cadenberge. Heute ist meine Strecke etwas länger, ich mache den einen oder anderen Schlenker durch das schöne, flache Land und komme so am Ende auf ungefähr 48 Kilometer. Mit dem Fahrrad leicht zu schaffen.
Ein Blick aus dem Fenster meines Hotels am Morgen zeigt: Das Wetter ist genauso mies wie am Tag zuvor, als ich von Bremervörde nach Hechthausen unterwegs war. Also lasse ich mir viel Zeit mit dem Frühstück und breche erst relativ spät auf. Mein erstes Ziel auf dieser Strecke von Hechthausen bis nach Cadenberge ist Hemmoor, der Nachbarort Hechthausens.
Ein Museum für den Zement
Einblick in das industrielle Erbe der Region
In Hemmoor stand früher einmal das größte Industrieunternehmen im nördlichen Elbe-Weser-Raum, ein im Jahr 1866 gegründetes Zementwerk. In der Gegend waren zuvor Kreide und tertiärer Ton gefunden worden, wichtige Ausgangsmaterialien für den Baustoff, der Standort war also gut gewählt. Das Werk, das in Spitzenzeiten 2000 Arbeiter beschäftigte, schloss Ende 1983. Auf dem Gelände hat heute das Deutsche Zementmuseum seinen Sitz und zeigt im Außengelände das industrielle Erbe dieser Region.
Die meisten der riesigen Ausstellungsstücke stehen im Außenbereich und sind frei zugänglich. Im Inneren der Schute Hemmoor 3 ist noch die Geschichte des Werks dokumentiert, allerdings war die Schute an diesem Tag und zu dieser Uhrzeit nicht geöffnet.
Auf dem Gelände sind aber viele große Tafeln mit Erläuterungen aufgestellt, sodass ich zumindest in Teilen nachvollziehen kann, was ich da sehe.
Die Schwebefähre über die Oste
Nach dem Besuch im Zementmuseum fahre ich weiter zu einem der bedeutendsten technischen Denkmäler in dieser Gegend: der Schwebefähre, die Hemmoor am Westufer der Oste mit dem Ort Osten am Ostufer verbindet. Ich bin ja auf der Deutschen Fährstraße unterwegs und die Schwebefähre gehört sicher zu den Highlights dieser touristischen Route.
Viele Veranstaltungen am historischen Technikdenkmal
Das über hundert Jahre alte Bauwerk besteht aus einer hohen Stahlkonstruktion, unter der eine Gondel Passagiere und Gefährte über den Fluss transportiert. Leider stelle ich im Nachhinein fest, dass die Speicherkarte meiner Kamera eine Macke hatte und deshalb viele Fotos auf der Tour beschädigt sind. Das ist mehr oder weniger das einzige Foto, das ich von der Fähre habe. Ich muss wohl noch einmal wiederkommen. Das würde sich aber ohnehin lohnen, denn der Verein, der die Fähre betreibt und pflegt, ist überaus aktiv und organisiert viele Veranstaltungen rund um das historische Bauwerk. Am Ostufer ist zudem in der Fährstuv die Geschichte der Fähre dokumentiert.
Tatsächlich gibt es weltweit nur sieben Schwebefähren, die noch im Betrieb sind, zwei davon in Deutschland: diese hier in Hemmoor und die Schwebefähre unter der Eisenbahnbrücke in Rendsburg (derzeit wegen eines Unfalls nicht nutzbar). Beide habe ich schon gesehen. Und sogar eine dritte Schwebefähre kenne ich: die in Vizcaya bei Bilbao, die ich besucht habe, als ich auf dem Camino de la costa unterwegs war. Drei von sieben – das ist, finde ich, eine gute Quote. An der Fähre in Osten sind übrigens die Flaggen der Länder, in denen die weiteren Schwebefähren stehen, gehisst.
Von Osten nach Oberndorf
In Osten – gesprochen mit einem langen O, also Oooosten – mache ich eine kleine Runde mit dem Fahrrad durch den Ort und besichtige dann hübsche Barockkirche St. Petri.
Früher lebten hier bis zu 5000 Menschen
Die Größe der Kirche zeigt, dass in Osten früher weit mehr Menschen lebten als heute, und die Ausstattung beweist, dass hier ein gewisser Wohlstand herrschte. Der Ort war politisch und wirtschaftlich bedeutend, 5000 Menschen gehörten zu diesem Kirchsprengel. Heute ist der Ort mit vielen kleinen verwinkelten Straßen und alten Häuschen zwar sehr malerisch, aber auch ein wenig abgelegen und verschlafen.
Von Osten aus fahre ich weiter ins knapp 10 Kilometer entfernte Oberndorf – durch ländliches Gebiet immer am Fluss entlang, vorbei an Entwässerungsgräben …
und vorbei an neugierigem Jungvieh (extra für dich, liebe Barbara, auch wenn die bei uns nicht Schumpen heißen ;o)).
Vorbei an wunderschönen, hinterm Deich gelegenen, reetgedeckten Bauernhäusern mit üppig blühenden Gärten und Obstbäumen voller reifer Früchte.
Außerdem passiere ich ein paar Schöpfwerke, die ebenfalls dazu dienen, das nasse Land zu entwässern (aber von denen habe ich leider keine Fotos. Ihr wisst schon – die Speicherkarte mit der Macke …). Daher ist es auch kein Wunder, dass die Oste in Oberndorf plötzlich zu einem richtigen Fluss angewachsen ist, so mit Ausflugsdampfer und offiziellem Schiffsanleger. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass es bis zu Ostemündung gerade einmal noch etwa 16 Kilometer sind. Oberndorf ist daher auch schon viel touristischer als die Orte, durch die ich zuvor geradelt bin.
Die Kirche in Oberndorf war leider geschlossen, so musste ich mich mit von außen sichtbaren Details und dem historischen Kirchplatz zufrieden geben.
Von Oberndorf nach Cadenberge
Schöne Häuser auf dem platten Land
In Oberndorf kommt dann auch endlich die Sonne heraus und ich radele die weitere Strecke bis nach Cadenberge, das ein Stück von der Oste entfernt liegt, bei strahlendem Sonnenschein und zunehmender Hitze. Von Oberndorf aus kann man auf recht kurzem Wege über die B73 bis nach Cadenberge fahren, aber das wollte ich dann doch nicht. Also hielt ich mich weiter in der Nähe der Oste und radelte erst einmal in einem weiten Bogen an meinem Ziel vorbei und verließ den Fluss erst in Geversdorf. Belohnt wurde der Umweg durch den Blick auf ein paar sehr schöne Häuser am Straßenrand. Ich liebe ja die backsteinernen Bauern- und Landhäuser mit den weißen und grünen Türen sowie den großen, üppigen Gärten drumherum.
In Cadenberge wartete dann leider die größte Enttäuschung dieser Tour auf mich. Ich hatte mir vorab ein Zimmer im Taubenhof Gut Cadenberge reserviert und freute mich auf eine Dusche und auf eine anschließende Fotosafari durch den Ort, nun, da der Regen endlich aufgehört hatte. Stattdessen stand ich im Hotel vor verschlossenen Türen. Letzten Endes saß ich verschwitzt und mit dem gesamten Gepäck zwei Stunden in einem Café in Cadenberge herum, bevor ich endlich jemanden erreichte und mein – zuvor immerhin schon bezahltes – Zimmer beziehen konnte. Fotosafari ade, dafür war es dann zu spät und ich auch zu verärgert! Sollte ich noch mal in diesem Ort übernachten wollen, werde ich mir ein anderes Hotel nehmen, so viel steht fest. Und Cadenberge ist bestimmt noch einmal einen Besuch wert, der Ort ist hübsch und hat ein paar sehr sehenswerte Gebäude aufzuweisen.
Eine Tagestour von Hechthausen nach Cadenberge
Auch diese Strecke lässt sich wie schon meine Tour am Vortag problemlos als Tagestour abradeln, denn sowohl Hechthausen, mein Startpunkt, als auch Cadenberge liegen an der Bahnlinie Hamburg-Cuxhaven und sind gut angebunden. Damit eignet sich diese wirklich schöne und interessante Strecke auch gut für einen Ausflug am Wochenende vor den Toren Hamburgs.
#nachhaltigentdecken
Entlang der Oste 3 – von Cadenberge bis zur Mündung und Cuxhaven
wunderbar beschrieben. ich habe große Lust, mir mein Rad zu nehmen und loszufahren. von cux nach Bremervörde. und wenn nicht nur dem Rad, zumindest werde ich mir die Gegend ansehen
Viel Spaß! DieGegend lohnt sich auf alle Fälle für einen Ausflug.